Bei Tätigkeiten mit gefährlichen Biostoffen am Arbeitsplatz sind die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) zu berücksichtigen bzw. anzuwenden. Das umfangreiche Regelwerk konkretisiert die Anforderungen der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung – BioStoffV) und wird kontinuierlich vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) an den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene angepasst. Zu „Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien“ gibt die TRBA 100 Auskunft. Dies betrifft u. a. auch medizinische und tiermedizinische Labore. Auch die Entsorgung in Laboratorien stellt einen der Anwendungsbereiche der TRBA 100 dar.
Grundlegend für den richtigen Umgang mit gefährlichen Stoffen im Labor ist eine korrekte Gefährdungsbeurteilung (Kapitel 4) bzw. Schutzstufenzuordnung gemäß BioStoffV. Die vier Schutzstufen korrespondieren mit den vier Risikogruppen für biologische Arbeitsstoffe. Die Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV § 4 ist vom Arbeitgeber vor Beginn von Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen „fachkundig durchzuführen und zu dokumentieren“. Dies hat entweder durch Mitarbeiter mit geeigneter (und nachzuweisender) Berufsausbildung und einschlägiger beruflicher Tätigkeit oder durch externe fachkundige Beratung zu erfolgen.
Laut TRBA 100 Kapitel 4.2 (Tätigkeitsbezogene Gefährdungen) hängen mögliche Gefährdungen für Beschäftigte in Laboren „von der jeweiligen Aufgabenstellung, der damit verbundenen Art und Menge der verwendeten Materialien bzw. der eingesetzten biologischen Arbeitsstoffe sowie von den spezifischen Arbeitsverfahren und Tätigkeiten ab“. Eine erhöhte Expositionsgefährdung mit gefährlichen Stoffen besteht beispielsweise im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Funktionalität von automatisierten Verfahren. Diese umfasst mitunter die Entsorgung von kontaminierten Waschpuffern oder den Austausch von Kanülen. Besondere Gefahr geht dabei von akzidentiellen Kontaminationen wie durch Verschütten, Bruch, Leckagen, Verletzungen an spitzen, scharfen Instrumenten oder Fehlbedienungen aus.
Eine wichtige Unterscheidung für eine korrekte Schutzstufenzuordnung besteht zwischen sogenannten gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten (4.3). Erstere sind demnach „unmittelbar auf einen bestimmten, der
Spezies/Subspezies nach bekannten, biologischen Arbeitsstoff ausgerichtet und die Exposition des Beschäftigten ist im bestimmungsgemäßen Betrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar“. Gezielte Vermehrungen von Bakterien oder Viren zu diagnostischen Zwecken sind Beispiele für solche Tätigkeiten. Die erforderliche Schutzstufe korrespondiert in diesen Fällen schlicht mit der Risikogruppe des verwendeten biologischen Arbeitsstoffes (4.3.1). Kommen Stoffe mit unterschiedlichen Risikogruppen zum Einsatz, „ist die Einstufung des biologischen Arbeitsstoffes der höchsten Risikogruppe für die Zuordnung der Schutzstufe maßgebend“.
Sind die genannten Kriterien für gezielte Tätigkeiten nicht gegeben, handelt es sich um nicht gezielte Tätigkeiten. Dies ist beispielsweise bei der Untersuchung von humanem Probematerial der Fall. Hier muss zur Schutzstufenzuordnung das „Spektrum der zu erwartenden bzw. möglicherweise vorhandenen biologischen Arbeitsstoffe“ ermittelt werden (4.3.2). Nach Abschätzung des möglichen Infektionsrisikos der einzelnen Stoffe ist auf Grundlage der Einzelbewertungen eine tätigkeitsbezogene Gesamtbewertung durchzuführen. Anders als bei gezielten Tätigkeiten ist nicht automatisch die höchste vorhandene Risikogruppe maßgebend, „sondern die ermittelte Gesamtgefährdung unter Beurteilung der Expositionssituation“.
Wichtige Kriterien zur Beurteilung der Gesamtgefährdung sind:
In der medizinischen und tiermedizinischen Diagnostik kommt es mitunter zu Übergängen von gezielten zu nicht gezielten Tätigkeiten (4.3.3). Ein Beispiel für nicht gezielte Tätigkeiten ist in diesem Zusammenhang „das Aufbewahren bzw. im Rahmen der Abfallentsorgung die Inaktivierung des Probenmaterials oder des isolierten biologischen Arbeitsstoffes nach erfolgter Identifizierung bzw. Diagnose, sofern keine weiteren gezielten Tätigkeiten folgen“.
Der Zuordnung nicht gezielter Tätigkeiten zu Schutzstufen in medizinischen und tiermedizinischen Laboren ist in der TRBA 100 ein eigenes, umfangreiches Kapitel (4.4.1) gewidmet. Darin wird eine Vielzahl von Situationen, die verschiedener Schutzstufen bedürfen, beschrieben. Grundsätzlich sind beispielsweise humane Probenmaterialien, „deren Infektionsstatus nicht weiter charakterisiert ist, (…) als potenziell infektiös anzusehen“, weshalb damit verbundene Tätigkeiten allgemein unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 durchzuführen sind. Andere Fälle verdeutlichen wiederum, dass die Risikostufe nicht zwangsläufig ausschlaggebend für die Schutzstufe ist. Ist etwa der Infektionsstatus bei einer HIV-positiven Probe (Risikogruppe 3) bekannt, kann nach Überprüfung der jeweiligen Tätigkeit durchaus Schutzstufe 2 ausreichen.
Bei gezielten Tätigkeiten müssen, sofern möglich, gefährliche gegen ungefährliche Arbeitsstoffe ersetzt werden (5.1.1). Bei Tätigkeiten mit sensibilisierend oder toxisch wirkenden biologischen Arbeitsstoffen (in Schutzstufe 1) sind betriebliche Hygienemaßnahmen in einem Hygieneplan festzuhalten (5.1.5). Dies gilt gleichsam für Tätigkeiten in Schutzstufe 2 und höher. Zudem ist gemäß § 14 Absatz 1 BioStoffV für Arbeiten mit Stoffen der Risikogruppe 2 und höher eine Betriebsanweisung zu erstellen (5.1.6). Diese muss folgende Punkte enthalten:
Das Thema Entsorgung spielt bei allen Schutzstufen eine wichtige Rolle. Im Rahmen der Schutzstufe 1 (5.2) ist etwa das Sammeln und Entsorgen benutzter Kanülen, spitzer und scharfer Instrumente „in durchstichsicheren und fest verschließbaren Abfallbehältnissen“ als organisatorische Schutzmaßnahme definiert (5.2.1.8). Ebenso sind „flüssige und feste Abfälle, die biologische Arbeitsstoffe enthalten,“ sachgerecht zu sammeln und zu entsorgen, bedürfen hierzu allerdings keiner Vorbehandlung, sofern dies nicht durch andere Vorschriften (wie Wasser-, Abfall- oder Gentechnikrecht) vorgesehen ist.
In Schutzstufe 2 sind kontaminierte flüssige und feste Abfälle wie etwa Kulturen, Gewebe oder Proben mit Körperflüssigkeiten „in geeigneten verschließbaren Behältern sicher zu sammeln und einer für diese Abfälle geeigneten Inaktivierung zuzuführen“ (5.3.15). Die Inaktivierung erfordert das Vorhandensein eines Autoklaven oder einer vergleichbaren Einrichtung (etwa thermische Desinfektionsanlage) im selben Gebäude (5.3.7). Ein weiteres geeignetes thermisches Verfahren ist die Verbrennung in einer zugelassenen Verbrennungsanlage (sachgerechte Auftragsentsorgung), wobei für den außerbetrieblichen Transport zugelassene Behälter zu verwenden sind. Spitze und scharfe Arbeitsgeräte einschließlich gesicherter Instrumente sind „in stich- und bruchfesten Einmalbehältnissen zu sammeln und zu entsorgen“. Die Anforderungen an die Behältnisse sind in Kapitel 4.2.5 der TRBA 250 beschrieben.
In Schutzstufe 3 ist das Labor über eine Schleuse mit zwei selbstschließenden und gegeneinander verriegelten Türen mit Sichtfenster von anderen Bereichen zu trennen (5.4.2.1). Auch hier müssen Fest- und Flüssigabfälle vor deren Entsorgung autoklaviert oder einem gleichwertigen Inaktivierungsverfahren zugeführt werden. Der Autoklav hat sich hierzu im Schutzstufenbereich außerhalb der Schleuse zu befinden und „muss so beschaffen sein, dass kontaminiertes Kondensat und kontaminierte Abluft nicht freigesetzt werden“ (5.4.2.7).
Für den Wechsel bzw. die Entsorgung von HEPA-Filtern sind drei Verfahren beschrieben:
In Schutzstufe 4 sind feste und flüssige Abfälle sicher zu sammeln und über einen Durchreicheautoklaven zu inaktivieren. Ferner ist Abwasser über eine zentrale Abwassersterilisation zu entsorgen (5.5.31). Generell müssen für alle Tätigkeiten – insbesondere auch für die Entsorgung von Flüssig- und Festabfällen – im Schutzstufenbereich Arbeitsanweisungen nach § 14 Abs. 4 BioStoffV vorhanden sein (5.5.34). Spitze oder scharfe Instrumente (dürfen nur in Ausnahmefällen verwendet werden) sind in entsprechenden durchstichsicheren Abfallbehältnissen sicher zu entsorgen.
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