Wie aus der Rübe Zuckeraustauschstoff wird: Besuch bei der Firma Beneo - Rheinpfalz-Sommertour - DIE RHEINPFALZ

2022-09-09 18:31:55 By : Ms. Holly Huang

Wie wird eigentlich Zuckeraustauschstoff hergestellt und wofür wird er verwendet? Das erfahren die Teilnehmer der RHEINPFALZ-Sommertour nächste Woche bei Beneo. Sie werden überrascht sein, wie ruhig es am Standort zugeht.

Wer heute schon ein zuckerfreies Bonbon gelutscht, einen zuckerfreien Keks genascht oder einen Energiedrink getrunken hat, hat damit mit großer Wahrscheinlichkeit ein Produkt zu sich genommen, dass einen Stoff der Firma Beneo enthält: den Zuckeraustauschstoff Isomalt oder Palatinose, eine Alternative zu Zucker. Beide werden aus Rübenzucker gewonnen, beide werden im Werk Offstein hergestellt. Bei unserer RHEINPFALZ-Sommertour können die Leser erfahren, wie aus dem Rübenzucker aus dem Südzucker-Werk Isomalt und Palatinose werden. Und sie werden überrascht sein: Denn in der Produktion selbst ist kein Mensch zu sehen, die großen Anlagen laufen von alleine.

Jörg Müller kennt die Produktionsstätte in- und auswendig: Er hat 1991 bei Beneo angefangen und ist seit 2017 Produktionsmeister. Ein Mann, der mit viel Leidenschaft von seiner Arbeit, dem guten Betriebsklima und der geringen Fluktuation erzählt. „Unser Rohstoff ist Zucker aus der Zuckerrübe“, sagt der Bockenheimer. Der komme in flüssiger Form von der benachbarten Zuckerfabrik – und werde in Prozessen, die man auch aus der Natur kennt, zu Palatinose und in einem weiteren Schritt zum Zuckeraustauschstoff Isomalt verarbeitet.

Nach thermischer Vorbehandlung, einer enzymatischen Umlagerung der Molekülbindung, Kristallisation, Wasserstoffanreicherung (Hydrierung) und Trocknung entsteht Isomalt. Das Süßungsmittel hat halb so viele Kalorien wie Zucker, ist zahnfreundlich und wird als Inhaltsstoff für Back- und Süßwaren verwendet – es ist weltweit führend als Austauschstoff für die Herstellung von Hartkaramellen. Isomalt wurde im Werk Offstein erfunden und wird seit 1989 dort produziert.

Seit 2005 wird im Werk zusätzlich Palatinose hergestellt. Der Produktionsprozess ist ähnlich, allerdings wird der Schritt der Hydrierung weggelassen. Palatinose ist unter anderem in Babynahrung, Milchprodukten, Spezialnahrung oder Sportdrinks zu finden. Das Kohlehydrat versorgt den Körper gleichmäßig mit Glukose als Energiequelle – anders als Haushaltszucker, wo der „Kick“ relativ schnell wieder nachlässt.

Zurück zu Produktionsmeister Jörg Müller, der einem den „Zentralen Leitstand“ zeigt. Wenn man in der Mitte des Raums steht, kapiert man sofort, was er meinte, als er gesagt hat, dass der Job des Anlagenfahrers anspruchsvoll ist, die Einarbeitungszeit mindestens ein Jahr dauert und nur Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung (Schlosser oder Elektriker beispielsweise) eingestellt werden: Im Raum hängen unzählige Bildschirme, auf denen die Anlagen für die Herstellung von Palatinose und Isomalt zu sehen sind. Die Männer behalten permanent im Auge, was sich dort tut – eine Person hat bis zu zwölf Monitore im Blick. Es ist eine ruhige, konzentrierte Atmosphäre. Die Hauptaufgabe der neun bis 13 Mitarbeiter pro Schicht ist die Prozessüberwachung am Bildschirm.

„Die Mitarbeiter können von der Zentralen Leitstelle aus alles schalten“, sagt Müller. „Es ist alles automatisiert.“ Wenn ein Filterwechsel notwendig wird, zeigt der Computer das an und bei einer Störung – etwa dem Ausfall einer Pumpe oder wenn die Temperatur irgendwo zu hoch ist – werden die Männer im Leitstand über ein akustisches Signal informiert. Um die Behebung der Störung kümmern sich die Anlagenfahrer entweder selbst oder die Mitarbeiter der Instandhaltungsabteilung.

Die Produktionsschritte werden engmaschig überwacht: Pro Tag sind 120 Proben zu entnehmen: „So können wir sofort feststellen, wenn etwas nicht stimmt“, sagt Müller. Einen Teil der Proben werten die Anlagenfahrer selbst aus, die übrigen das angegliederte Labor.

Die Produktion läuft 24/7 – und damit ist auch der Zentrale Leitstand das ganze Jahr über besetzt. „Wir wollen nicht abstellen und wir können nicht abstellen“, sagt Müller. Allein das „kurzfristige“ Abfahren der Anlagen dauere drei Tage. In der Produktionsanlage selbst – Müller zeigt die Palatinose-Trocknung – ist kein Mensch zu sehen. „Wir machen zwar einen Kontrollgang. Aber das läuft von allein“, sagt Müller. Beneo-Sprecherin Inga Heinemann fasst es so zusammen: „Es ist eine hochmoderne Anlage und ein geschlossenes System. Man könnte hier vom Boden essen.“

Isomalt und Palatinose werden in alle Welt geliefert, Hauptabnehmer sind Lebensmittelhersteller in Europa. Das Pulver wird in kristalliner Form mit verschiedenen Feinheitsgraden und Verpackungsgrößen – von 20 bis 1000 Kilogramm – verkauft. Es wird auch in flüssiger Form in Lkw zum Kunden transportiert.

Die Säcke werden in einem im Februar eröffneten vollautomatisierten Hochregallager für den Lkw-Transport bereitgestellt. Das spart Transportkosten, zuvor habe man die Produkte in der Umgebung (beispielsweise in Worms) zwischengelagert und dann von Neuoffstein aus verladen. Das Hin- und Hertransportieren entfällt jetzt. Das 25 Meter hohe Lager hat eine Kapazität von mehr als 8500 Euro-Paletten, investiert wurden 7,7 Millionen Euro.

Zur Produktionsmenge sagt das Unternehmen aus Gründen des Wettbewerbs nichts, Geschäftsführer Dominik Tamantini formuliert einen Vergleich: Die Jahresproduktion an Isomalt entspreche der Menge einer Lkw-Kette vollgeladen mit zuckerfreien Bonbons, die von Frankfurt am Main bis hinter Madrid reiche.

Konstantin Grißmer, der als Produktmanager bei Beneo ist, betont, dass das Unternehmen Wert darauf lege, dass die Wirkung der Produkte wissenschaftlich belegt sei und dass man die Hersteller aus der Lebensmittelindustrie gut beraten könne. Beneo arbeite deshalb sowohl mit den Forschern des eigenen Instituts als auch mit Universitäten auf der ganzen Welt zusammen.

An der RHEINPFALZ-Sommertour bei Beneo im Obrigheimer Ortsteil Neuoffstein am Freitag, 16. September, 13 Uhr, können 30 Leser teilnehmen. Diese müssen zu Hause oder in einem Testzentrum einen (negativen) Corona-Schnelltest gemacht haben und dies an der Pforte per Unterschrift bestätigen. Schmuck muss für die Besichtigung abgelegt werden, geschlossene Schuhe sind Pflicht. Kinder dürfen erst ab einem Alter von 12 Jahren teilnehmen. Wer dabei sein will, meldet sich bis Dienstag per E-Mail unter sommertour-gru@rheinpfalz.de. Die Namen der Teilnehmer werden ans Werk gemeldet, die Teilnehmer werden von uns per E-Mail informiert.